08 Mai Orchesterworkshop 2017
Vom rhythmischen Blub – Blub zur Wassermusik
Das Blasorchester Greifswald ist nun bereit den Kulturbahnhof zu entern
Wie üblich sind wir am Freitagabend in Burg Stargard in der Jugendherberge angereist. Gemeinsam wurden zuerst das Schlagwerk in den Probensaal bugsiert und die Zimmeraufteilung vorgenommen. Nach dem Abendbrot begann auch schon die erste Probe des Orchesterworkshops 2017. Nachdem die musikalische Arbeit für den Tag beendet wurde, begann das gemütliche Beisammensein und zur Bettgehzeit der Jüngsten wurde die traditionelle Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen. Jedes Jahr übernimmt jemand aus den Reihen des Orchesters die kreative Aufgabe eine Geschichte zu schreiben, in der alle Mitglieder vorkommen, die beim Orchesterworkshop mitgefahren sind. Hier kann die Geschichte nachgelesen werden:
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen …
… so sieht es jedenfalls der alte Käpt’n Torsten, wenn er seinen Gästen an der Back, dem großen runden Kapitänstisch, seine Seemannsgeschichten erzählt. Hier in der Hafenkneipe gibt er öfters Geschichten aus seiner Seefahrerzeit zum Besten. Deshalb sind die Plätze am Kapitänstisch auch sehr begehrt.
Habt ihr schon mal die wirklich tosenden Brandungen an der Ostsee erlebt? Wenn das Wasser sich dann zu einer wilden Bestie verwandelt und sich vor der Küste Rügens aus tobt?
So erzählte der Käpt’n neulich, von einem Segeltörn rund um die Insel Rügen mit der Schonerbrigg Greif. Mit an Bord war ein großes Orchester der Region. Die Crew war schon gespannt auf die vielen Gäste – jedoch auch gut gerüstet. Der lange Max spielte den Kran und hievte einen Getränkecontainer nach dem anderen an Bord. Der Smutje Robert, der noch an noch an einem kleinen Küchenregal zimmerte, hatte jedenfalls genug Proviant eingekauft. Und der Steuermann Peter war ebenfalls frisch und ausgeruht.
Die kleinen Orchestermädels Nele, Annalena, Maike und Josefine waren recht früh da und alle vier waren schon sehr aufgeregt. Schließlich fuhren sie zum ersten Mal mit einem Segelschiff und um ihre Aufregung zu überspielen, fingen sie an zu singen und verbreiteten gleich gute Laune damit. So nach und nach trudelten die anderen Orchestermitglieder auf dem Schiff ein. Agnes, Jana, Anne und Dörte stürmten auch gleich die Treppen herunter und enterten den Mannschaftsraum. „Hey, was soll ich mit diesem Netz hier machen? – Einkaufen gehen?“ rief Agnes. Dörte lachte und sagte „Such Dir einen komfortablen Platz zum Schlafen.“ Da erkannte Agnes, dass sie eine Hängematte in der Hand hatte und staunte nicht schlecht, denn so etwas kannte sie aus Frankreich nicht. Während sich alle so allmählich ein Plätzchen suchten, spann Klarinettenhannes wie gewohnt sein Seemannsgarn und brachte damit alle wieder mal zum Lachen. In letzter Sekunde erreichte auch Nautiker Seppl gerade noch rechtzeitig den Liegeplatz. Er hatte sich in der Richtung geirrt. Bei seinem Orientierungssinn hätte er in Hamburg wohl einen Zug früher nehmen sollen.
Alle waren an Bord und der Käpt’n gab das Signal zum Ablegen. Nur leichte Wölkchen zierten den blauen Himmel über dem Wiecker Hafen. Die Leichtmatrosen Thorsten und Göran stemmten sich mit aller Kraft in das Spill und lichteten den Anker. Auch Sebastian, Tobias, Malte und Luis hängten sich mit aller Kraft in die Seile und setzten die Fock. Marvin saß entspannt im Schneidersitz an Deck und gab mit seinen Drumsticks den Takt vor. Tapfer stiegen die Matrosen Paul, Björn, Arne und Konrad in die Wanten und setzten balancierend die Rahsegel. Währenddessen kletterte der Schiffsjunge Constantin schon mal ganz hoch in den Ausguck. Er wollte damit wohl bei den Orchestermädchen punkten, schließlich waren da schon ein paar hübsche Girls dabei. Steuermann Peter zeigte auf das Schonersegel. Flink hatten die Jungs auch dieses Segel im Wind und das Schiff nahm nun richtig Fahrt auf.
Die Wiecker Mole und der Utkiek wurden kleiner und kleiner und schon waren wir in den großen Fahrwassern. Wir fühlten uns frei und spürten eine Abenteuerlust in uns, wie wohl damals die Entdecker Amerikas. Schon bei Ladebow tänzelte das Wasser in kurzen Wellen, als würde eine Wassermusik erklingen. Hier gab es unter Wasser wohl auch ein Orchester?
Weiter draußen wurden die Wellen schon größer und spielten kräftiger auf. Passend dazu formierte sich ein erster größerer Wolkenreigen rund um die strahlende Sonne. Der einzig dunkle Schatten lag, düster und beklemmend aber auch majestätisch in Form eines schwarzen U-Bootes an der Waterkant vor Peenemünde. Westlich zeigten sich nun die noch flachen Steilküsten der Seebäder Binz und Sellin. Wir fühlten uns wie auf einem Wasserfestival und vor der herrlichen Kulisse der „Wissower Klinken“ klatschten die Wellen im Takt aufeinander.
Der Wolkenring über uns zog sich jedoch immer mehr zusammen und ein verrückter Regenschauer brachte uns dazu, das neue von der Sparkasse gesponserte Ölzeug anzulegen. Es trotzte dem Wetter und ist mit seinem leuchtenden Rot trotzdem sehr schick.
Überrascht vom Wetterumschwung war auch unser 1. Offizier Dirk, denn er hatte den Wetterbericht nicht verfolgt und befürchtete nun ein Unwetter. Währenddessen kam immer noch mehr Wind auf. Normalerweise freuen sich echte Segler über eine frische Brise, doch hier entwickelte sich wohl ein echter Sturm. Tja und wie das im Leben so ist, da wachsen klitzekleine Problemchen auch mal schnell zu größeren heran.
Die See wurde rauer und die Wellenberge höher und höher. „Rafft die Segel!“ rief der Käpt’n und das Schiff schaukelte schon gewaltig zwischen den weißen Kämmen der Wellenberge. Nun rollten nicht nur Rumpf und Masten sondern auch die Augen der eigentlich seefesten Mannschaft. Daniela, Uta und Natalie hatten nun schon weniger Lust auf Musik und Gesang und nahmen auch gleich die weißgrüne Farbe der Kreidefelsen an, während Anja und Julia vorsichtshalber schon die mitgebrachten Tüten verteilten.
Mit aller Kraft holten die Kameraden auf See die Segel ein. Vom Horizont zog eine noch dunklere Wolkenwand auf die Nordspitze Rügens zu und erste Windhosen tobten in den Wassern. Micha und Bella hielten sich romantisch aber ängstlich an den Händen und beobachteten das Ufer. Von dort schauten die beiden Leuchttürme von Arkona cool blinkend zurück. Die Gischt peitschte an Bord und überspülte schon das Deck. Die Planken knarrten beim Rollen und Stampfen der Greif. Der Himmel verdunkelte sich und obwohl wir die Küste noch sehen konnten, fühlten sie sich wie mitten auf einem tiefen Ozean. Hannah, Alina und Meike gerieten schon fast in Panik, doch der Bootsmann Gunter blieb cool und warf ein paar Seile hinüber. „Bindet euch an Deck fest sonst werdet ihr fortgespült!“ rief er und genoss kurz den tollen Anblick. Als hätten wir raubeinigen Seemänner wirklich ein paar hübsche Meerjungfrauen gefangen, dachte er für sich und lächelte. Eines der Rahsegel war noch nicht eingeholt und es knallte in den drehenden Winden bis es völlig zerrissen am Mast hing und im Takt gegen den Mastbaum schlug. Jetzt half nur noch beten oder vielleicht doch singen? Musik macht Mut und den konnten jetzt alle gut gebrauchen. Tapfer holten die Matrosen Mike und Andreas die letzten Segel ein und stimmten mit ihren Bässen einen Shanty an. Die beiden Hörner Hannes und Derik, die noch immer nicht Seekrank waren, sangen mit, bis der Gesang das Heulen des Sturmes übertönte. Käpt’n Torsten und Steuermann Peter nahmen alle Kräfte zusammen und hielten das Schiff auf Kurs. Teamgeist und Musik haben uns gerettet und auf einmal riss auch der Himmel auf und es wurde ruhiger, als hätte es nie einen Sturm gegeben.
Um das kaputte Segel wieder reparieren zu können steuerte die Greif die Insel Hiddensee an. Hier am Dornbusch lebt der Segeltuchmacher Klaus, der mit seiner flinken Nadel selbst aus diesen Fetzen wieder ein brauchbares Segel zauberte. Jeder an Bord freute sich auf einen schönen Abend mit Lagerfeuer und Musik auf der schönen Insel. Wiebke und Mari sammelten fleißig Reisig bei einem Strandspaziergang im Abendrot.
Glücklich und sichtlich erleichtert, dass alle den Sturm überstanden hatten, spielte Henry mit seiner Gitarre das Lied „Wir lagen vor Madagaskar …“ und alle anderen stimmten mit ein.
Für die Musiker waren die Seemänner Helden, die ihnen das Leben gerettet hatten und zum Dank sangen alle mit viel Elan die schönsten Lagerfeuersongs. Den Käpt’n hat das sehr berührt, deshalb hat er seit dieser Zeit ein besonderes Verhältnis zur Musik. Er tauschte sein geliebtes Nebelhorn gegen eine Tuba ein und spielt jetzt, wenn er nicht wieder auf großer Fahrt ist in einem der besten Blasorchester an der Ostseeküste.
Diese turbulente Fahrt inspirierte wohl auch den Dirigenten des Orchesters Herr Listemann bei der Themenwahl für das kommende Festkonzert und so soll auch das Publikum diese Erfahrung musikalisch nachempfinden können.
Wir dürfen gespannt sein, ob es uns gemeinsam gelingt.
Am nächsten Morgen haben wir, nicht wie üblich, nach dem Frühstück mit einer Orchesterprobe begonnen, sondern Satzproben durchgeführt. Wir haben uns dafür auch Verstärkung geholt und unter Anleitung von Dozenten das Zusammenspiel in den einzelnen Registern verbessert. Zwischendurch wurde der Tag mit Eis und/oder Kuchen versüßt, sodass die Konzentration für weitere Proben wieder vorhanden war.
Der Orchesterworkshop 2017 war sehr probenintensiv und nach diesem Wochenende können wir das Festkonzert kaum noch erwarten. Wir sind bereit uns dem Publikum/Ihnen zu präsentieren und Sie zu unterhalten.
Robert Zimmermann
Posted at 08:18h, 28 MärzEs floß nicht nur Wasser, so wie sich das gehört! 😉 Es floß auch die Zeit, oder besser weil’s so schön war rauschte sie. Ich freu mich schon auf das übernächste Wochenende!