Wie pflege ich meine Klarinette?
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Wie pflege ich meine Klarinette?

Klarinette auseinander gebaut vor neutralem Hintergrund

Wie pflege ich meine Klarinette?

Die Sommerferien sind vorbei und die Orchesterproben beginnen nun endlich wieder. Zeit, sein Instrument wieder in den Top-Zustand zu bringen, damit die erste Probe im neuen Schuljahr kommen kann.

Doch, mache ich eigentlich alles richtig? Hier erfahren Sie was man beachten muss. Einiges wissen Sie sicherlich schon, aber achten Sie auf alle Punkte, die wir hier aufführen?

 

Ein Beitrag von unserem Klarinettisten Michael:

Ein Gastbeitrag von Michael aus dem Blasorchester Greifswald e.V.

  1. Aufbauen der Klarinette
    Die Zapfenkorken regelmäßig fetten! Es schadet nicht, das jedes Mal zu tun. Lieber einmal zu oft als zu selten. Warum? Mit trockenem Kork lassen sich die Klarinettenteile schwerer zusammensetzen und man riskiert, dass man beim grobmotorischen Zusammenwürgen Klappen verbiegt. Und hinterher wundern sich manche dann, warum das Instrument schlecht anspricht oder quietscht. Eine Klarinette ist ein teures, feinmechanisches Wunderwerk und keine Keule.Übrigens: Wer glaubt, sich keinen Klarinettenständer leisten zu können oder zu müssen, sollte auch keine Klarinette haben, denn es sind schon viele Instrumente durch Umfallen beschädigt worden. Diese Reparaturen können den Wert eines Klarinettenständers schnell überschreiten. Außerdem hat ein Klarinettenständer einen weiteren, entscheidenden Vorteil: Der Speichel fließt sauber nach unten ab und nicht in die Polster, wie es der Fall ist, wenn man das Instrument schräg auf den Schoß oder einen Tisch legt.

  1. Klarinettenblätter
    Dass man das Blatt vor dem Wickeln im Mund befeuchten sollte, weiß jeder. Tipp: Die Spitze des feuchten Blatt vor dem Wickeln ein paar Sekunden mit dem Daumen kräftig flach auf die Mundstückbahn drücken. Das beseitigt Welligkeiten, die beim Trocknen des Blattes entstanden sein können und erspart dadurch Quietscher und schlechtes Ansprechen.Viele sind heutzutage übrigens zu faul zum Wickeln. Es gibt tatsächlich mittlerweile gute Blattklammern/-schrauben, die das Schwingungsverhalten des Blattes – im Gegensatz zu den früheren Metallklammern – kaum beeinträchtigen. Für mich gehört das Wickeln zum stilvollen Klarinetteblasen dazu. Bei einem Marschauftritt kann man sicher darauf verzichten. Es ist wie mit MP3-Musik über Ohrstöpsel im Vergleich zum bewussten Auflegen und Genießen einer Schallplatte bei einem guten Glas Wein. Wer immer nur Zeit sparen und sein Leben völlig prozessoptimieren möchte, der wird wahrscheinlich nicht in seiner Freizeit musizieren.Blätter sollte man sowieso nie „lose“ aufbewahren, sondern immer in einem Etui mit Glasplatte. Darin können die die Blätter mit einem Gummiband gegen die Glasplatte gepresst trocknen und werden kaum wellig. Das gilt auch für Saxophonisten, die ihre Blätter gerne (aus falscher Sparsamkeit?) in Plastikhüllen verwahren. Blätter sind zwar Verbrauchsmaterial, aber doch teuer genug, um mit ihnen pfleglich umzugehen.Ein wesentliches Accessoire zu den Blättern ist eine Kappe für das Mundstück. Sie schützt das Blatt vor dem Austrockenen in Spielpausen sowie vor mechanischer Beschädigung.Ein zu leichtes Blatt kann man mit einem Blattschneider kürzen – in Maßen! Ein Blatt kann von vorneherein zu leicht sein – es gibt bei neuen Blättern Fertigungstoleranzen, schließlich handelt es sich um ein Naturprodukt – oder durch langen Gebrauch zu leicht werden, weil Bestandteile vom Speichel ausgewaschen werden. Ist letzteres der Fall, kann man das „Leben“ des Blatts durch Kürzen noch ein wenig verlängern, sollte aber schon ein frisches bereithalten.Ein neues Blatt kann von einem alten nicht nur durch die Färbung unterscheiden, sondern mit folgendem Test: Man trägt etwas Speichel auf das Blatt auf und bläst fest in das andere, senkrecht abgeschnittene Ende. Bei einem frischen Blatt sind die Kapillaren des Holzes offen, so daß die austretende Luft kleine Bläschen erzeugt.Welche Blattsorte und -stärke man bevorzugt, ist Geschmackssache und hängt auch von der Musik ab, die man spielen möchte, sowie vom Mundstück. Wenn man nicht gerade ausschließlich Jazz spielt, sollte man darauf achten, dass das Blatt nicht zu leicht ist. Je leichter das Blatt, um so weniger trainiert ist der Ansatz. Wer immer nur Hanteln mit Luftballons an den Enden, statt Gewichten, verwendet, wird niemals Muskeln aufbauen. Für einen guten Ansatz sind geübte Mund- und Gesichtsmuskeln wichtig. Ich persönlich bevorzuge Blätter der Stärke 3 ½  der Marke „BK“ und fühle mich damit von klassischer bis moderne Musik gut gerüstet. Das Zusammenspiel aus Ansatz, Mundstück und Blatt erzeugt den schönen, typischen und emotionalen Klarinettenklang. Nicht umsonst wird in Filmmusik bei besonders gefühlvollen Stellen oft die Klarinette eingesetzt.

    Ist das Blatt zu leicht, noch dazu in Verbindung mit einem schwachen Ansatz und einer fehlerhaften Haltung plus Atmung, kann man sich als Klarinettist schnell mit Quietschen, schlecht ansprechenden Tönen, der Unfähigkeit, leise Passagen rauschfrei zu blasen, sowie quäkigen, in hohen Lagen schrillen, schlecht intonierten (zu tiefen) Tönen unbeliebt machen.

  1. Abbauen der Klarinette
    Gründliches Durchwischen mit einem Lederwischer ist Pflicht, damit der Corpus aus teurem Grenadillholz keine Risse bekommt. Auch sollte man die Zapfen und ihre Gegenstücke trocken wischen. Für letztere kann man den Lederlappen um einen Finger wickeln und die Nut trocknen. Übrigens sollte man das Mundstück immer nur von unten nach oben durchwischen, weil sich ansonsten die für den Klang und das Ansprechverhalten so entscheidende Bahn im Laufe der Jahre „abschleifen“ kann.Da Schwefel aus der Luft und aus dem Handschweiß das Silber schwarz anlaufen lässt, sollte man die Klappen vor dem Verstauen des Instruments mit einem Silberputztuch abreiben.

  1. Pflege und Wartung
    Hier schwankt die Bandbreite je nach Geldbeutel, Zeit, Ausstattung und Geschicklichkeit zwischen „so viel wie möglich selber machen“ und „Rundumservice durch den Instrumentenbauer“.Sollte das Holz Risse aufweisen, würde ich die Reparatur auf jedem Fall einem Profi überlassen.Aber Poster mit Siegellack und einem Feuerzeug sollte man schon selbst wechseln können. Dazu muss natürlich die betreffende Klappe abgebaut werden. Man kann sein Instrument durchaus komplett selbst neu bepolstern. Dazu braucht man bloß die Durchmesser der Poster mit einer Schiebelehre ausmessen und sich neue Poster beim Musikalienhandel beschaffen. Es sind auch komplette Polstersätze erhältlich, aber jedes Instrument ist ein wenig anders, sodass ich auf Nummer Sicher gehe und die Polster einzeln bestelle, damit nicht am Ende ein passendes fehlt.Auch Klappenfedern kann man leicht selbst austauschen, nachdem man sich passenden Ersatz besorgt hat. Das Bekorken von Klappen – damit sie nicht klappern und der Öffnungsgrad stimmt (wichtig für die Intonation) – ist auch kein Problem für jeden, der nicht mit zwei linken Händen geboren ist. Man beschafft sich je eine Korkplatte mit 0,5 mm und mit 1 mm Stärke und schneidet sich die kleinen Korkstücke passend mit einem scharfen Messer heraus, bevor sie auf die entsprechenden Stellen an den Klappen geklebt werden. Früher hat man sich mit Flaschenkorken beholfen, aber weshalb soll man sich quälen, dort plane Stücke herauszumodellieren, wenn es Korkplatten zu kaufen gibt?Wenn die Klappen sowieso schon ab sind, sollte man nicht vergessen, die Wellen zu reinigen und neu (mit „Ballistol“) zu ölen. Sind die Wellen sehr „schwarz“ oder gar rostig, muß auch das Innere der Klappe, in dem die Welle läuft, gereinigt werden, wozu man sich aus Papier eine winzige „Wurst“ drehen kann, die man dann durch den Hohlraum zieht. Eine einmal festgerostete Welle bekommt man im Guten nicht mehr ab, eher „vermurkst“ man noch den Schraubenkopf, und dann ist es sowieso ein Fall für den Instrumentenbauer. Das Instrument sollte also nicht nass werden und die Wellen sowie die Spitzenlager regelmäßig (mindestens einmal im Jahr) geölt werden. Für solche Arbeiten ist ein regnerischer Wintertag ideal.Übrigens sollte auch das Innere der Klarinette gelegentlich geölt werden. Dies aber nur alle paar Jahre, sodass ich das dem Instrumentenbauer im Rahmen einer Generalüberholung überlasse (hier zwei Links dazu: Klarinette ölen 1 und Klarinette ölen 2).

Außerdem empfehle ich ein Notfallkästchen mit folgendem Inhalt:

 

  • 1 Schraubenzieher
  • 1 Blattschneider
  • Öl für die Klappenwellen
  • Korkplatten, zwei Stärken
  • je zwei Polster jeder Größe
  • 1 Stückchen Siegellack
  • Kleber
  • 1 Ersatz-Fettstift (für die Zapfenkorken)
  • Kreide (falls eine Klappe klebt)
  • Zigarettenpapier (zur Auftragen der Kreide)
  • Haushaltsgummis (falls eine Feder bricht und eine Klappe nicht mehr schließt)
  • Ersatzwickelschnur
  • 1 Reserveblatt (zusätzlich zu der „normelen“ Blätterschachtel)

Ich wünsche Euch, liebe Stimmkollegen, viel Freude beim Musizieren und mit Eurem Instrument!

Michael

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